Bloc-Party-Frontmann: Für die Tochter: Kele Okereke feiert die Familie

Kleine Zeitreise[1]: Um 2005/6 sind britische Jungs in engen Hosen, Punk-Attitude und E-Gitarren nicht aus der Musikszene wegzudenken. Und auch auf Indie-Partys in Deutschland tanzen die Studenten zu Franz Ferdinand, Kaiser Chiefs und Co.

In der Playlist auf keinen Fall fehlen dürfen Bloc Party mit Hits wie «Banquet» oder «Helicopter» – und mit Frontmann Kele Okereke. Über zehn Jahre später legt Kele nun sein drittes Solo-Album vor. Und das hat so gar nichts mehr mit dem geschwinden Indierock Bloc Partys zu tun.

Auf «Fatherland» entschleunigt Kele. Er greift zur Akustik-Gitarre. Es klingt nach Folk, Soul, Blues[2]. Streicher, Klavier, Blechbläser sind dabei. Kele stellt mit der Platte seine Qualitäten als Singer-Songwriter unter Beweis. Dass er auch Club-Nummern kann, demonstrierte er bereits auf den elektro-lastigen Vorgängeralben.

Nick Drake[3], Joni Mitchell und Al Green zählt Kele als Einflüsse für das neue Album auf. Mehr noch dürften ihn aber persönliche Entwicklungen beeinflusst haben.

Zu den Hochzeiten Bloc Partys[4] stand der 35 Jahre alte Musiker immer wieder als Schwarzer in der von Weißen dominierten Indie-Rock-Szene im Fokus. Das sei ihm unangenehm gewesen, er habe sich reduziert gefühlt, hat der in Liverpool geborene Kele immer wieder gesagt.

Inzwischen scheint er mit seiner Identität und ihrer Bedeutung für seine Musik Frieden geschlossen zu haben. In dem ruhigen Gitarren-Stück «Road to Ibadan» klingen Erinnerung an eine Reise mit der Familie zu der in Nigeria lebenden Großmutter durch.

Die Aussicht, Vater zu werden, sei Ausgangspunkt für das Album gewesen, erklärte Kele in einem Webchat für den britischen «Guardian». «Die Idee für den Albumstil kam mir, weil ich dachte, es sei schön, ein Album mit Schlafliedern für meine Tochter zu machen.»

Besagte Tochter kam im Dezember zur Welt. Mit «Savannah» widmet Kele ihr dann auch einen ganzen Song. «Ich wollte schon immer Vater sein und ich habe viel Glück, dass mein Partner genauso empfindet. Ich verstehe, weshalb viele schwule Männer das nicht wollen, aber ich hätte dann immer das Gefühl gehabt, dass etwas fehlt», sagte Kele dem «Guardian» vergangenes Jahr.

Auch sonst sind die Songs sehr persönlich. Im Duett mit dem Years and Years-Sänger Olly Alexander geht es um die romantische Liebe zweier Männer zueinander. «Ich kann mich nicht erinnern, dass zwei andere schwule Künstler schon einmal etwas Ähnliches getan haben. Elton John und [DragQueen-Superstar] RuPaul vielleicht», sagt Kele dazu.

Mit «Fatherland» hat Kele einen Ruhepol für aufwühlende Zeiten geschaffen. Doch der Sänger ließ bereits durchblicken, dass er sich nicht lange darauf ausruhen werde. Das Album habe er in einer entspannten Phase aufgenommen, erklärte im «Guardian»-Chat. Aber in einer Welt mit Donald Trump als US-Präsident fühle er keine Entspannung, sondern Wut. «Und das, woran ich aktuell arbeite wird dieser Wut auch deutlich Ausdruck verleihen.»

Quelle:

www.stern.de

Fußnoten:

  1. ^ Zeitreise (www.stern.de)
  2. ^ Blues (www.stern.de)
  3. ^ Nick Drake (www.stern.de)
  4. ^ Bloc Party (www.stern.de)

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